Bärlauch auf der Spur …

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Waldboden übersät mit Bärlauch-Pflanzen.

Interview mit Kräuterpädagogin Janina Mill

Um noch mehr Tipps und Insiderwissen rund um den Bärlauch von einer Expertin zu erhalten, habe ich Janina Mill befragt. Sie ist Kräuterpädagogin aus Limburg an der Lahn, wo sie regelmäßig Kräuterwanderungen und -workshops veranstaltet.

Wie schätzt du den Bekanntheitsgrad von Bärlauch und der Tatsache, dass wir ihn kostenlos in der Natur um uns herum finden, in der deutschen Bevölkerung ein?

Puh, das ist eine gute Frage. Ich glaube, da kommt es tatsächlich darauf an, wen in der Bevölkerung du fragst. Generell ist meine Erfahrung aber, dass sich immer mehr Menschen – durch alle Generationen hinweg – wieder mehr zur Natur und allem, was sie zu bieten hat, zurückbesinnen.

Ich persönlich erlebe auf jeden Fall bei meinen Kräuterwanderungen oder auch bei zufälligen Begegnungen, wenn ich gerade irgendwo unterwegs bin und Kräuter sammele, dass das Interesse an Pflanzen, ihren Erkennungsmerkmalen und Verwendungsmöglichkeiten wächst.

Wer Bärlauch kennt, weiß in der Regel auch, dass er wild wächst. Wer sich auf Bärlauchjagd begeben will, sollte sich aber wegen seiner Verwechslungsgefahr mit hochgiftigen Pflanzen gut auskennen!

Wie hoch ist bei uns die Gefahr, dass Insekten oder die Eier des gefährlichen Fuchsbandwurmes auf den Blättern von Wildkräutern zu finden sind? Ist das abhängig vom Sammelort?

Die durch den Fuchs- oder Hundebandwurm hervorgerufene Erkrankung wird als Echinokokkose bezeichnet. In Deutschland kommt es je nachdem, um welche Form der Echinokokkose es sich handelt, beim Hundebandwurm jährlich zu bis zu ca. 70 Neuerkrankungen (z.B. durch direkten Kontakt mit der Schnauze eines infizierten Hundes), beim Fuchsbandwurm zu 20-30 (Quelle: Elvira Bierbach, Naturheilpraxis heute, 6. Aufl.). Überträger sind daneben als Zwischenwirt Nagetiere wie u.a. Mäuse.

Um dies ins Verhältnis zu setzen, folgende Zahlen: Laut Statistischem Bundesamt sterben im Durchschnitt 4 Personen pro Jahr bei Blitzunfällen, 110 werden verletzt. Die meisten Toten traten 2012 auf (16 Personen), die meisten Verletzten 2008 (256 Personen). Die Zahl der Verkehrstoten belief sich im Jahr 2019 auf 3046.

Damit will ich eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm nicht verharmlosen, sie stellt eine ernstzunehmende und gefährliche Krankheit dar, die Betroffene ein Leben lang durch die fortlaufende Zerstörung lebenswichtiger Organe wie u.a. Lunge, Leber oder sogar des Gehirns begleiten und beeinträchtigen. Früher war die Diagnose ein Todesurteil, heute gibt es Medikamente, die den Erreger in Schach halten können. Dieses grundsätzliche Risiko, wenn es auch verhältnismäßig gering ist, sollte man sich als KräutersammlerIn aber auf jeden Fall bewusst machen; genauso wie ein Verkehrsteilnehmer, der sich, wenn er am Straßenverkehr teilnimmt, dem Risiko aussetzt, in einen Unfall verwickelt zu werden.

Man kann aber gewisse Vorkehrungen treffen: Füchse markieren ihre Territorien mit Urin- und Kotmarken. Kot wird deshalb oft an exponierten, gut sichtbaren Stellen abgesetzt, zum Beispiel auf einem Grasbüschel oder einem Stein. Auch Abfälle oder Stellen, an denen Füchse Nahrung gefunden haben, werden häufig mit Kot markiert. Für die/den KräutersammlerIn also zunächst überschaubar. Außerdem muss man ja auch nicht direkt vom Wegesrand sammeln, wo Hunde gerne ihr Geschäft verrichten. Wildkräuter und Beeren sollten außerdem immer gut gewaschen werden. Tiefgefrieren bei -20 Grad Celsius tötet die Eier des Fuchsbandwurmes übrigens nicht ab (sie verlieren erst bei -80 Grad Celsius ihre Lebensfähigkeit).

Um unfreiwillig mitgesammelte Insekten nicht mitzuverarbeiten, lege ich die frisch gesammelten Kräuter außerdem erstmal für ein paar Minuten auf ein Küchen-Papier und warte, bis alle Pflanzenbewohner herausgekrabbelt sind. Die dürfen dann wieder zurück in die Natur.

Teppich aus grünen Bärlauch-Blättern
Bärlauch-Teppich. © Stephanie Schlegel

Was hältst du persönlich davon, die Ernte von Wildpflanzen nach den Mondphasen auszurichten? Ist da etwas dran?

 Als Pionierin im Pflanzenanbau mit kosmischen Kräften, unter anderem der Mondphasen, gilt die Hessin Maria Thun. Auch Agrarwissenschaftler Dr. Hartmut Spieß fand bei seinen Forschungen heraus, dass Kulturpflanzen in Ertrag und Wachstum auf die Mondphasen reagierten.

Neben einem möglichen Einfluss des Mondes gibt es allerdings auch weitere vielfältige Faktoren, die auf Pflanzenwachstum und Inhaltsstoffe einwirken, wie etwa das Wetter allgemein, Licht, Standort und Bodenqualität. Eine ungeteilte Kontrolle eines möglichen Mondeinflusses auf Pflanzen ist deshalb meines Erachtens schwierig. Ich mag auf jeden Fall den Gedanken, dass es nach wie vor Dinge gibt, die wir nicht zu 100 % erklären können.

Ich persönlich ernte Kräuter, je nach Inhaltsstoffen, zu verschiedenen Tageszeiten und richte mich (zumindest derzeit) nicht nach Mondphasen. Pflanzen mit viel ätherischem Öl erntet man im Sommer zum Beispiel am besten spät vormittags (gegen 11 Uhr), wenn der Gehalt an ätherischen Ölen am höchsten ist, aber noch bevor die Mittagssonne ihren Zenit erreicht und der begehrte Inhaltsstoff durch die Hitze verdunstet.

Aber mal ganz unabhängig davon, ob der Mond nun wissenschaftlich nachgewiesenen Einfluss auf Pflanzen hat oder nicht, wurden Kräuter ja auch schon seit jeher in Verbindung mit Ritualen gebraucht. Das hat für mich ganz viel mit Bewusstsein, Intention und Besinnung zu tun. Selbst wenn man also die Mondphasen hierfür „nur“ symbolisch nutzt, kann darin ja schon sehr viel Kraft liegen, um den eigenen persönlichen Ritualen Nachdruck und Bedeutung zu verleihen.

Gibt es noch etwas Wichtiges, das Bärlauch-SammlerInnen beachten sollten?

Absolut!! Bärlauch ist leicht zu verwechseln mit den hoch giftigen Maiglöckchen und Herbstzeitlosen. Verwechslungsunfälle können tödlich enden!

Man erkennt Bärlauch zwar an seinem unverwechselbaren Geruch. Das allein reicht aber nicht. Man muss auch unbedingt die Blattstruktur und Form kennen. Denn wenn der Geruch erst einmal in der Luft ist, vor allem wenn man auf einem „Bärlauch-Teppich“ im Wald pflückt, riecht schnell alles nach Bärlauch. Es ist aber durchaus möglich, dass sich zwischendurch auch mal ein paar Maiglöckchen oder Herbstzeitlose dazwischen mogeln. Allein über die Nase unterscheidet man diese dann nicht mehr.

Daher lege ich allen, die selbst wilden Bärlauch pflücken wollen, ans Herz, sich vorher genau mit der Pflanze und ihren Doppelgängern zu beschäftigen (zum Beispiel im Rahmen einer Kräuterwanderung), und vor allem nichts zu pflücken, bei dem man sich nicht zu 100 % sicher ist.

Ist Bärlauch auch äußerlich, also auf der Haut, anwendbar? Wenn ja, wofür wird er wie angewendet?

Als Heilpflanze ist der Bärlauch bisher eher wenig bekannt und untersucht.

Isst man frischen Bärlauch, kann auch dies einen positiven Einfluss auf Hauterkrankungen haben, denn seine blutreinigenden Eigenschaften können zum Beispiel bei Akne, Ekzemen und Geschwüren unterstützend sein. Innerlich wird er in der Volksmedizin hauptsächlich als Mittel gegen Bluthochdruck und Arteriosklerose, oder als Mittel gegen Blähungen eingesetzt.

Äußerlich wird er volksmedizinisch bei chronischen Hautausschlägen wie etwa Neurodermitis oder Schuppenflechte genutzt, vermutlich wegen seiner antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften.

Diese Heilwirkungen sind schulmedizinisch allerdings bisher nicht erforscht und nachgewiesen.

Ist es richtig, dass Bärlauchblätter am besten geschnitten werden sollten, um Inhalts- und Aromastoffe zu erhalten, anstatt sie zu mixen, z. B. für ein Pesto?

Grundsätzlich ist es so, dass beim Hacken oder Pürieren die in aromatischen Kräutern, wie dem Bärlauch, enthaltenen ätherischen Öle vorzeitig austreten und schneller verloren gehen. Im Essen haben die Kräuter dann weniger Aroma als eigentlich in ihnen steckt.

Da für ein Pesto aber zusätzlich Öl zu den pürierten Kräutern gegeben wird, werden die flüchtigen ätherischen Öle des Bärlauchs hierin konserviert. Wer die Bärlauchblätter als Zugabe zu Suppen, Salaten oder anderen Gerichten genießen will, sollte die Blätter für ein volles Aroma-Erlebnis – wenn möglich – erst kurz vor dem Verzehr zerkleinern und über das Essen geben.

Um sie für den Rest des Jahres haltbar zu machen, können die kleingeschnittenen, ganzen oder pürierten Blätter des Bärlauchs (je nachdem, wie man sie später verwenden möchte) direkt nach der Ernte oder dem Einkauf auf dem Wochenmarkt portioniert eingefroren werden. Oder man macht eine Bärlauch-Butter und friert sie portionsweise ein. Es gibt viele Möglichkeiten 😊  Natürlich gehen hierbei auch Aromen verloren. Meine Erfahrung ist allerdings, dass der Verlust für das Geschmackserlebnis eher gering ist.

Was ist dein Lieblings-Bärlauch-Rezept?

Am liebsten esse ich Bärlauch tatsächlich ganz klassisch als Pesto zu Pasta 😊. Das Rezept gibt es auf meinem Instagram Profil @kawomb_kraeuterwerkstatt.

Danke, liebe Janina, für deine ausführlichen Antworten 😊

Junge Frau lehnt an einem Baum
Janina Mill © Janina Mill

Falls du noch mehr über Bärlauch erfahren willst, schau doch in meinen Blogbeitrag rein. Darin gehe ich unter anderem der Frage nach, welchen gesundheitlichen Mehrwert das Wildkraut bietet, decke Mythen auf und gebe dir Tipps zur Verwendung an die Hand. Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren!

Ich freue mich über dein Feedback!

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